„Wir“ sind Weltmeister

Deutschland belegt Platz 1 unter den Weltmarktführern:
mit 1470 Unternehmen – mehr als in jedem Land rund um den Globus.*)
DIe Perspektiven 2026? Ungewiss, vor allem dank der neuen US-Zollpolitik.

Das Smartphone ist allgegenwärtig.
Nichts zu suchen hat es allerdings auf Öl- und Gasplattformen, in Raffinerien, im Bergbau, aber auch in manchen Lebensmittel- und Düngemittelindustrien, wo sich Mehlstäube entzünden können, in Laboren, in Reinräumen der Pharmaindustrie, bei Militäreinsätzen…
Denn normale Handys und Tablets sind z.B. wegen eventueller Kurzschlüsse oder Überhitzung dort als potenzielle Zündquellen verboten.

i.safe MOBILE mit Tablet-1 für explosionsgefährdete Bereiche Foto: i.safe

Da kommt i-safe ins Spiel.
Der Mittelständler im Baden-Württembergischen Lauda-Königshofen entwickelt extrem robuste Kommunikationsgeräte, die internationale Sicherheitsnormen für mobile Telefone und Tablets in explosionsgefährdeten Bereichen erfüllen. Ihre High-Tech ist im Innern so gut geschützt, dass von den Geräten keine Gefahr ausgehen kann, etwa durch Kurzschlüsse.
Zudem überstehen sie unbeschadet Hitze, Kälte, Stürze, Stösse, Gase, Chemikalien…

Der Bedarf in der Industrie ist offenbar hoch.
„Es läuft gut und immer besser,“ sagt Kathrin Geisler von i-safe.
Erst 2011 gegründet, ist i-safe Weltmarkführer auf diesem Gebiet und verkauft seine Mobilfunk-Geräte in 72 Länder auf allen Erdteilen.
„Asien ist besonders wichtig für uns.“ Die kleine Firma betreibt mit insgesamt 85 Beschäftigten je eine eigene Niederlassung in Singapur und in Australien: “Für Verkauf und Service!“
Aber: Umsatzzahlen „geben wir grundsätzlich nicht an die Presse bzw. nach aussen,“ so Geisler.

Weltmarktführer Voith Heidenheim: Antriebskraft, Wasserkraft, Papierherstellung, Familienbetrieb seit 1867, 22 000 Beschäftigte in 60 Ländern,, 5,2 Mrd. Umsatz
Pumpspeicherkraftwerk Guanghzu China, Foto: Voith

Die Spitze der Weltmarkt-Top-Unternehmen in Deutschland, gemessen nach ihren Umsätzen, führen bekannte Grössen an: die VW AG mit Porsche und Audi, die Schwarz-Gruppe als Discounter, Allianz Deutschland AG, die BMW Group, Mercedes-Benz AG, Robert Bosch GmbH…
Mit einem Anteil von 93 % liegen Industrie-Unternehmen im Weltmarktranking klar vorn.
Dienstleister aus Deutschland sind nur mit 5% sind dabei, Handelsunternehmen mit 2%.

Weltmarktführer HUGO BOSS Metzingen, Premium-Herren-/Damenmode
Handel, 18 623 Mitarbeiter, 4.3 Mrd € Umsatz

Typisch für Deutschland ist aber, dass es auffallend viele Mittelständler zu globalen Marktführern gebracht haben.
Und wie stark dabei Familienunternehmen mitmischen:
911, also weit mehr als die Hälfte der 1470 deutschen Weltmarktführer, klein oder gross, sind im Familienbesitz bzw. deren Tochterfirmen, hat das Autorenteam der Weltmarktführer-Studie für 2025 ermittelt. Konzerne oder Konzerntöchter sind nur mit 244 Firmen dabei, Investoren oder Beteiligungsgesellschaften mit 135.

Dass „kärchern“ als Verb neben „googeln“ den Wortschatz bereichert, liegt wohl an den weltweit allgegenwärtigen Reinigungsgeräten.
Das Familienunternehmen, gegründet 1935, 17 000 Beschäftigte, 3,4 Mrd. Umsatz, ist mit 3000 Produkten am Markt, hält 600 Patente und entwickelt ständig Neues. Dazu bietet Kärcher seiner Kundschaft 50 000 Verkaufs- und Servicestellen auf allen Kontinenten.
Das mache Kärcher robust: viele Produkte auf allen Kanälen rund um die Welt zu vertreiben und „so nah an unseren Kunden zu sein wie noch nie“, so Vorstandschef Hartmut Jenner. Ob Profigeräte oder Reinigungstechnik für Privathaushalte: beide Sektoren entwickelten sich gut. „Mal ist der Profibereich umsatzstärker, dann wieder der Konsumentensektor“, sagt Anouk von Hochmeister zur derzeitigen Geschäftslage.
Kärcher arbeitet u.a. an Robotik in Singapur und betreibt eine Produktion in Vietnam – ohne eigenes Rechenzentrum, vollständig aus der Cloud.

Derzeit freuen sich die Winnender über einen Bundeswehrauftrag in Höhe von 24 Mio. Euro, einen der grössten in der Firmengeschichte: für Futuretech.
Eine 100pronzentige Tochter, u.a. spezialisiert auf mobile Feldküchen, Feldlager-Systeme,Trinkwasserversorgung und Katastrophenschutz…

Kärcher kombinierter Nass- und Trockensauger, Foto: Kärcher

Hartnäckig hält sich ja die Fama von der Vormachtstellung Baden-Württembergs als d e m
Land der Tüftler in Deutschland. Da ist was dran: Tatsächlich ist der Südwesten mit 385 Weltmarkführern Champion – dicht gefolgt von Nordrhein-Westfalen: 376.
Die nächsten Plätze: Bayern (294), Hessen (114), Niedersachsen (78).

Skeptiker mögen fragen, wie unabhängig ein Ranking, erstellt vom Unternehmensnetzwerk „Die Deutsche Wirtschaft (DDW)“ sein kann, das zudem als mittelstandsnah gilt.
Also quasi mit Bewertungen aus den eigenen Reihen.

Fakt ist: Die Analysen und Firmen-Checks der Redaktion sind kostenfrei. Sie arbeitet auf Basis einer umfangreichen Firmen-Datenbank: transparent, öffentlich einsehbar für jeden und jede im Internet.
Unter diversen Weltmarkführer-Verzeichnissen entsteht so nach Angaben von DDW das umfassendste und vollständigste Werk.

Weltmarkführer Grohe Düsseldorf: Sanitärtechnik, 2400 Beschäftigte, 1,28 Mrd. € Umsatz, Export in 130 Länder
Wasserhahn aus 3-D-Drucker

Wie also „wird man“ Weltmarktführer? Der wichtigste Abgleich ist natürlich der mit den Kennziffern internationaler Konkurrenten. „ Es muss ein weltweiter Markt für ein Produkt vorhanden sein, (…) ein Wettbewerb, von dem man sich absetzen kann,“ so Prof. Bernd Venohr, Betriebswirt und wissenschaftlicher Berater der DDW-Redaktion. 50-60 % Auslandsumsatz seien typisch bei den globalen Spitzenreitern. Weitere Kriterien sind u.a.: internationale Renommierkunden, eine weit überdurchschnittliche Forschungs- und Entwicklungsquote, eine dominierende Anzahl von Patenten.
Aber: „Ein Unternehmen kann (weltweit) Qualitäts- oder Technologieführer bei einem Produkt bzw. Marktsegment, einer Marktnische sein, ohne die höchsten Umsätze im Gesamtmarkt zu verzeichnen.“
Und so können auch besondere kleine Firmen die Top-Bewertung erzielen.

Wer weiss schon, dass z.B. in der Automobilindustrie verbaute Rohre für Lenksäulen, Stossdämpfer, Achsen, Seitenaufprallschutz… für viele Rohrtypen im technischen Einsatz insgesamt, nicht nur aussen glatt sein müssen, sondern auch im Innern frei von feinsten Graten?
Diese Innengrate entstehen bei der Herstellung längsnahtgeschweisster Rohre.

Um die Grate zu entfernen, erfand und entwickelte der Senior der Ernst Blissenbach GmbH in Remscheid hochpräzise sog. Rohrinnenaht-Entgratunssysteme. Ein mühseliges Unterfangen mit vielen Rückschlägen für den Pionier über lange Jahre hinweg. Denn einen praktikablen Industrie-Hobel zu entwickeln, um Nähte innen in Rohren weg zu schleifen, hielten Rohrproduzenten noch in den frühen 90er Jahren für nahezu unmöglich, so Blissenbach.
Schliesslich gelang es doch. Ernst Blissenbach steckte im Alter von 60 Jahren sein gesamtes Vermögen in eine neue Firma, um sein „Baby“ weltweit zu vermarkten und weiter zu verbessern: zu hydraulischen Hightech Feinstwerkzeugen. Der Minispezialist ist mit 17 Beschäftigten und 4,1 Mio. Euro Umsatz führend auf dem Weltmarkt. Die Remscheider arbeiten ständig weiter an Produkt-Neuerungen, für dickwandige und dünnwandige Rohre aus Stahl und Edelstehl, mit Durchmesermn von 10,5 mm bis 400 mm, dazu an Lösungen auch für die Rohrfertigung.

Rohrinnenentgratungs-Systeme
Foto: Copyright Ernst Blissenbach GmbH

Blissenbach exportiert 80% seiner Präzisionswerkzeuge, europaweit, aber das meiste nach Mexiko – an Rohrlieferanten für die dortige Autoindustrie. „Wir sind eine sehr gesunde Firma,“ sagt der Junior-Chef Arnd Blissenbach. „Aber die unberechenbare Zollpolitik des Herrn mit dem blonden Schopf im Weissen Haus macht uns zu schaffen.“ So schlägt Kurzarbeit in Mexiko bei Rohrlieferanten und in der Autoindustrie auf die Remscheider durch: Kurzarbeit auch hier. Blissenbach schaut sich nach neuen Märkten um, z.B in Indien und Ägypten.
Allerdings mit etwas Bauchgrimmen, denn die Gefahr, dass fernab der Heimat die weltweiten Patente seiner Firma missachtet werden, macht Arnd Blissenbach Sorgen. Bisher habe es allerdings noch kein Plagiator geschafft, die hochkomplexen Werkzeuge in der Originalqualität abzukupfern. Allen Unwägbarkeiten zum Trotz: Die Firma macht weiter und hofft für 2025 auf eine schwarze Null.

Typische Durchhaltequalitätem: nicht nur potente, global vernetzte Grossunternehmen schaffen es immer wieder, sich gegen Widrigkeiten zu behaupten, sondern auch viele Mittelständler.
Wenn sie, z.B. im Maschinen- und Anlagenbau Technik liefern, die es sonst so nicht auf dem Weltmarkt gibt oder die nicht so präzise auch auf sehr spezielle Kundenwünsche zugeschnitten werden kann.

Im Juli haben sich US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Einfuhrzölle für alle Waren aus der EU in die USA auf 15 % geeinigt. Das gilt auch für die Automobilindustrie. Schwierig hauptsächlich für Firmen, die überwiegend in die USA liefern. Allen voran Maschinenbauer, für sie der wichtigste Markt. Überflüssig und extrem wettbewerbsschädigend sind die Zölle allemal. Zumal die USA künftig zollfrei in die EU liefern dürfen – ein besonders dicker Hammer gegen fairen Wettbewerb.
Dazu trüben geopolitische Verwerfungen und Bedrohungen, schwache Konjunktur, hohe Energiepreise und ewig beklagte bürokratische Hemmnisse die Aussichten auf wirtschaftliche Erholung hierzulande.

Wie robust wird sich also die exportstarke deutsche Industrie erweisen?
Die 1470 Weltmarktführer in Deutschland, grosse, mittlere und kleine, darunter die sog. „Hidden Champions“, Firmen, die kaum jemand kennt?
Sie sind insgesamt immerhin für 8,8, Mio. Arbeitsplätze weltweit gut und setzen insgesamt 2,9 Bio. Euro um.

*) Lexikon der Weltmarktführer 2025
Hrsg: Unternehmensnetzwerk „Die Deutsche Wirtschaft (DDW)“
Neuss 2025

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