Eine Burg aus dem Mittelalter, ringsum nichts als Wälder, ein originelles Quartier zum Übernachten: da lässt sich der Alltag schnell vergessen.
Der Hirsch röhrt, und zwar kräftig. Ein helllichter September-Nachmittag, die Sonne scheint auf den Wanderweg. Dann ein zweiter Hirsch etwas zaghafter, beide Tiere verborgen im Dickicht des bewaldeten Berghanges zur Linken.
Und wenig später ein dritter: Brunftlaute von den Höhen zur Rechten. Relativ ungewöhnlich, Städter kennen die markigen Lockrufe allenfalls aus Wildgehegen, zu Dämmer- und Nachtstunden.
„Freiwild“ statt Gatterwild also, eine Überraschung auf dem Weg hoch zur entlegenen Sauerburg im Taunus.
Der Reihe nach. Wer zur Sauerburg will, reist über das Rheinstädtchen Lorch an, mit Auto oder Zug.
Wie ausgestorben wirkt der Ort um die Mittagszeit. Der Sommerrummel ist vorbei. Zwei Radlerinnen, aus Nürnberg die eine, die andere aus Würzburg, kommen gerade „aus dem Wald“, wie sie sagen. Und? „Zu holprig hier, linksrheinisch fährt es sich besser.“
Eine ältere Dame aus Göttingen zieht es immer wieder zum Wandern her. Warum? Ihr gefällt die trubelige Loreley-Region mit ihren Burgen, dazu Weinorte wie Bacharach, Rüdesheim, und sie mag die vielen Ausflugsmöglichkeiten rundum – im Wechsel mit der absoluten Stille der Wälder.
Das seien auch die Gründe, wird Burgherr Christian Borgmann später sagen, weshalb sich seine Gäste gezielt die abgelegene Sauerburg als originelles Quartier aussuchten.
Schon auf der rund 7 Kilometer langen Anfahrt ab Lorch auf schmalen, wenig befahrenen Strassen in ein Seitental des Rheins endet schlagartig jede Besiedelung, rechts und links nichts als Wälder.
Ende der Strasse in der kleinen Gemeinde Sauerthal, zu der die Burg gehört, der Weg führt nun steil bergan.
Und dann ragt sie hoch vor einem auf, mitten im Wald. Ein verwunschener Ort, ein Anblick, der bezaubert.
Drei verrammelte Tore, ein tiefer Graben rundum.

“Wasser brauchte es nicht zu Schutz, dafür gab’s ja hier oben auch gar nicht genug,“ sagt Christian Borgmann. Er empfängt in der Vorburg, und da liegen das historische Kutscherhaus und das Wächterhaus, Rückzugsorte auf Zeit, bewohnbare Denkmale als Feriendomizile mit kleinen Balkons, Terrassen, einem Gärtchen… Die Buchungen der Gäste – über diverse Portale – helfen, diese gut gepflegten Bauten zu erhalten.


Kutscherhaus
Stille. Selbst die gelegentlichen Imponier-Rufe der Hirsche schallen nur noch gedämpft herauf. Die Ausblicke in die Tiefe und in die Ferne über das Rheingaugebirge sind grandios. Dichte Mischwälder aus Eichen, Buchen, einigen Tannen so weit das Auge reicht, auch eine ausgedehnte, besonnte Hochebene mit Gehöft liegt in Blickweite.

Manche Touristen kämen hier an und verliessen das Kutscherhaus oder das Wächterhaus über die gesamte Dauer ihres Aufenthaltes nicht mehr bis zur Abreise, erzählt Borgmann. Warum, weiss er nicht.

Andere Gäste laufen zu Fuss hoch zur Burg, den Rucksack voll mit Proviant für drei Tage.
Zum Einkaufen und Tanken fährt man nach Lorch. Es gibt eine Busverbindung ab/bis Sauerthal nach Lorch Bf. und einen lokalen Taxidienst. Über Wanderwege sind es ca. 5 km bis ins Rheintal.
Auch Christian Borgmann erzählt gern von seinen ausgedehnten Wandertouren mit Hund. Im übrigen aber wünscht er, dass Privates, wie auch Näheres zu seiner beruflichen Tätigkeit als Geschäftsmann privat bleiben.

Paare buchen bei ihm gern die Kapelle für standesamtliche und/oder kirchliche Trauungen. Hochzeiten in den historischen Gemäuern, Geburtstagsfeiern, privat organisierte, kleinere Konzerte in der Kapelle oder grössere, laute (Jazz-) Gigs im Burghof, Feste geschlossener Gesellschaften mit und und ohne Catering im Rittersaal – Fussbodenheizung! – ausserdem Weinproben auf Wunsch: Interessenten für solche Aktivitäten berät Christian Borgmann persönlich. In seinem privaten Wohnbereich feiert er auch selbst gern mit Freunden.
Das alles bringt Leben in die alten Mauern. Nicht zu viel, nicht zum wenig, findet der Hausherr.
Die Sauerburg als Teil des UNESCO Weltkulturerbes der Loreley-Region Oberes Mittelrheintal entgeht so jedenfalls musealer Erstarrung.

Vergnügungen hat sich im 14. Jh. sicher auch schon Pfalzgraf Ruprecht I gegönnt, ihr Erbauer. Aber die Mühen und Kosten für den Bau einer Trutzburg in der Höhe dienten natürlich dazu, das Territorium der Pfalzgrafen mit abzusichern, nicht zuletzt wegen der reichlichen Zolleinnahmen unten in Kaub am Rhein…
Eine abgeschlossene, fast autarke Welt war das hier oben, mit vielen Bediensteten, darunter Handwerkern aller wichtigen Gewerke.
Christian Borgmann kann anschaulich über die Geschichte der Burg und über das alltägliche Leben der wechselnden Herrscher und Eigentümer erzählen. Und so ist es eine Alternative, ihm bei einer Gruppenführung zuzuhören, um das Wesentliche darüber zu erfahren, statt Bücher zu wälzen oder mit ein paar Klicks bei Google dröge Kurzinfos abzurufen.
Nicht alltägliche, historische Quartiere, dichte Wälder zum Spazieren gehen oder Stunden lang Laufen: Geübte Wanderer können dabei historische, teils zugewachsene Pfade und Wege entdecken und erkunden. Kleine Abenteuer, der Alltag ist ganz weit weg.
„Kleine Fluchten“ (3) , diese Reihe erscheint in loser Folge und wird nicht gesponsort.
S. auch: „Langsam, abseits, Ausserfern“(2) und „Kleine Fluchten“ (1) vom 21.5.2021.
Alle Fotos in diesem Beitrag mit Genehmigung C. Borgmann Holding B.V. Sauerburg, 65391 Sauerthal