Der Bugatti 101 – Legende historischer automobiler Eleganz. Die Karosserie entwickelte der Universal-Designer und Ingenieur Louis Lucien Lepoix (1918 – 1998). Unzähligen Produkten hat er Form und Gestalt verliehen. Archiviert sind die Schätze in seiner Wahlheimat Baden-Baden.
Sie holten ihn aus Frankreich und schickten ihn erst einmal für sechs Wochen zu Maybach und Dornier in Friedrichshafen am Bodensee. Es konnte ja nichts schaden, bei den Profis der Traditionsunternehmen die Augen offen zu halten. 1945 war das, und die französischen Besatzer setzten Lepoix anschliessend als Abteilungsleiter im Reparatur-Zentrum für Fahrzeuge ihrer Armee ein.
Ein fliegendes Auto?
Den alten Traum, bei Bedarf mit allen vier Rädern von der Strasse in die Lüfte zu entschweben und irgendwo auf freier Bahn wieder aufzusetzen – der Friedrichshafener Flugzeug- und Automobilbauingenieur Josef Wagner hat ihn in den 60er Jahren technisch verwirklicht.
Das Design für das Leichtbaugehäuse dazu stammt von Lepoix. Gedacht war das Gerät allerdings hauptsächlich für Polizei- und Rettungseinsätze, alternativ auch mit Kufen oder Schwimmkörpern als Unterbau.

Foto: Zeppelin Museum Friedrichshafen / Video des Helikoptermuseums Bückeburg s. unten
Der Champion
Gute Verbindungen sind alles. Lepoix mietete sich eine kleine Werkstatt bei der Zahnradfabrik Friedrichshafen (ZF) und entwickelte privat in Handarbeit mit Mitarbeitern den leichten Kleinstwagen Lepoix Champion mit Aluminium-Karosserie.

Auch die späteren Sportwagen Modelle in den 50er Jahren nannte er Champion. Alles Einzelfertigungen auf Bestellung, produziert wurden sie 1949 bis 1954 von verschiedenen Herstellern. Insgesamt ein paar tausend Stück.

Und er machte offenbar bella figura, als er mit seinem Winzling Sportwagen beim Luxus-Hersteller Bugatti im elsässischen Molsheim vorfuhr: Seine Entwürfe gefielen. Lepoix bekam den Job als Designer.
Technische Ästhetik
Er musste sich noch nicht spezialisieren und er hat es einmal selbst gesagt: Die Möglichkeit, für alles und jedes Designer-Ideen zu entwickeln, dürfte nach ihm vorbei sein.
Seine Schaffenskraft war offenbar unerschöpflich, als Gestalter war er wohl geradezu „besessen“ , so hat es Erika Kübler, seine langjährige Wegbegleiterin einmal ausgedrückt. Die „Software“ im Kopf, Hand, Stift, Papier als „Hardware“. Sonst nichts. Im digitalen Zeitalter, wo komplexe Rechnerleistungen die kühnsten Entwürfe erst möglich machen, schwer vorstellbar.
Es erschlägt einen förmlich, wenn man sich heute die Mühe macht und sich durch Bilder und technische Zeichnungen der Werke von L.L. Lepoix arbeitet.

Kaum ein Alltagsgegenstand seiner Zeit, für den er nicht entworfen hätte, mehr als 3000 Produkten hat er Form, Farbe und damit eine Gestalt verliehen. Als da sind z.B. das berühmte BIC-Feuerzeug, Fernsehgeräte, Radios, Plattenspieler, ganze Büroeinrichtungen, Badezimmer, Küchen, Skistiefel, Musiktruhen, Waschmaschinen, Wartehäuschen, Spielautomaten, Kaffeemaschinen, die Unterarmstütze, Verpackungen…


Vor allem aber Motorräder, Baumaschinen, Traktoren, LKW, dazu Busse, Lokomotiven und Schiffe… Sein wichtigstes Standbein war das Fahrzeug-Design: 247 der gut 1000 Entwürfe gingen in Serie.

Foto: Ch. Späth
„Wichtig ist der Mensch. Die Technik soll sich anpassen. Und selbstverständlich soll es wirtschaftlich sein, denn man muss es ja auch herstellen, verkaufen. Und die Schönheit sollte auch sein. Und die Attraktivität des Produktes,“ sagte Lepoix in einem Film des ehemaligen Südwestfunkes (SWF).
Den Menschen eine lebenswerte Umwelt verschaffen, u.a. mit Solaranlagen und Windkraftwerken. Mit Solarpaneelen an Hochhäusern, aber auch zur Stromerzeugung in Privathaushalten, Windrädern jeder Grösse, kleinen, Batterie-betriebenen Elektro-Autos, aufladbar an Parkuhren… Lepoix war immer ganz vorn dabei mit Zukunftskonzepten. Nicht zu vergessen das Lastenfahrrad, das er war zwar nicht erfunden hat, dessen Alltagsnutzen er aber als immer weit voraus denkender Mensch schon früh erkannte.

Und wenn er nicht entwickelte oder erfand, skizzierte er flüssig, „aus der Lamäng“ Zeichnungen oder er malte, wie Erika Kübler beobachten konnte.
Lepoix hatte sich ab 1952 in seiner Wahlheimat Baden-Baden niedergelassen. Über sein Leben und Werk dort hat sie ein Buch herausgegeben. 1)

„Er hatte den 2. Weltkrieg mitgemacht und wollte die Welt verschönern hinterher…“ sagte Erika Kübler kürzlich einen SWR-Reporter anlässlich des Tages der offenen Tür im Baden-Badener Lepoix-Archiv e.V. Über Jahrzehnte hat sie es aufgebaut und die zahllosen Werke und Modelle minutiös dokumentiert.
Ein Teil davon zirkulierte international durch etliche Museen und machte zuletzt im Baden-Badener Museum LA8 Station.

Der Traum vom Flugauto ist übrigens noch immer nicht ausgeträumt:
Das eVTOL Flying Car des chinesischen Herstellers XPENG, elektrisch angetrieben, soll lt. Hersteller ab Jahresende lieferbar sein. Wie es dem leidenschaftlichen Technik-Designer Lepoix wohl gefallen hätte?

1) Louis L. Lepoix und Erika Kübler: 50 Jahre technische Äshetik /50 ans d’Esthéstique Technique: L. Lepoix Industrie Designer, Lepoix System, Baden-Baden 2003 (vergriffen).
Erika Kübler/ Martin Foessleitner
L3…unauffällig und doch erfreulich
158 S. / Softcover
€ 18,- / € 11.- als e-book
eBook/pdf: 50 Jahre technische Ästhetik / 50 ans d’Esthétique Technique
Veröffentlicht 2003 von Erika Kübler / Lepoix System GmbH
deutsch/französisch, 538 S. , € 55,-
Infos und Shop:
www.lepoix.info
Führungen durch das Lepoix-Archiv in Baden-Baden mit Erika Kübler nach Vereinbarung
Fotos 1 – 7 mit freundlicher Genehmigung des L.L. Lepois Archivs e.V. Baden-Baden
s. auch Video: BBC Archive / 1970: The flying Car is here! Tomorrows World/Retro Transport Länge: 2’44“